Samstag, 15. Dezember 2012

15. Dezember

Meine Maastricht Memoiren

Nie im Leben wäre ich auf die Idee gekommen diese Stadt zu besuchen. Weil Städte mich grundsätzlich nicht besonders interessieren. Und weil ich nicht die typische Shopping-Queen und Schnäppchen-Jägerin bin. Umso dankbarer bin ich AW, die mich mit auf die Reise genommen und meinen Horizont erweitert hat.



Im vergangenen Jahr habe ich gemerkt, wie wichtig und wohltuend der Abstand zum Alltag und den eigenen vier Wänden ist. Weil das nicht immer so war, schätze ich es umso mehr, dass ich inzwischen meine Systeme schnell runterfahren kann. Natürlich hilft die erste Dose Prosecco morgens um 10.30 Uhr auf der Autobahn auch dabei!




Maastricht ist eine der ältesten Städte der Niederlande und besitzt eine überaus gepflegte und gut erhaltene Altstadt. Mich fasziniert, dass die größtenteils autofreie Innenstadt komplett mit sehr schönem, groben Kopfsteinpflaster ausgelegt ist. Man beachte auch die runde Straßenecke.
Fahrräder allerorten und gemütliches Korbstuhl-Straßencafe-Feeling. Wenn man aus dem Schneematsch des Siegerlandes kommt, staunt man nicht schlecht. Das Lebensgefühl, der Puls einer fremden Stadt und die ganze Atmosphäre - für mich als, NORMALERWEISE WIRKLICH SELTEN verreisender Mensch, ein Potpourri aus Eindrücken, den es erstmal zu verarbeiten gilt.



Ich habe nicht mitgezählt, in wievielen Läden wir insgesamt gewesen sind, aber es waren sicherlich mehr, als ich sonst in einem ganzen Jahr aufsuche... Es hat Spaß gemacht, den Mädels bei ihrem Klamotten-Stöbern zuzusehen und selbst von jeglichem Druck entbunden zu sein, da meine Größe sowieso nicht auf der Stange hing. Was auch bei Dicken immer geht sind ja Schuhe und Accessoires: Deshalb freue ich mich über einen  wunderschöner Sternen-Loop und schwarze Biker-Boots.





Erholung in einem besonderen Cafe im Stadtteil Wyck: Zondag - das mich an den Charme Marburger Studentenkneipen erinnerte und neben einem interessanten Publikum auch das kleinste Klo der Welt zu bieten hatte. Die Deko war schräg, aber geil. Außerdem hingen dort die gleichen Lampen, wie wir sie zu Hause in der Küche haben. So hinterwäldlerisch scheinen wir dann doch nicht zu sein!






Zurück über die historische Sint Servaasbrug: So charakteristisch wie der Eifelturm für Paris ist, so steht diese Brücke für Maastricht.

Einchecken im Hotel Mabi:
Bis 1994 war dies noch ein Kino. Das spiegelt sich natürlich im Interieur wieder: Bilder von Schauspielern, Filmplakate und kleine cineastische Accessoires huldigen der Vergangenheit des Gebäudes. Froh über unser schönes Zimmer - der Titanic-Raum - haben wir, die Muttis vom Lande (die frisch gestärkte Bettwäsche bewundern) - relaxt. Nur für sich selbst verantwortlich sein. Sehr entspannend.


Da man Donnerstag Abends bis 21 Uhr shoppen kann, ging es nochmal auf die Piste, über einen enttäuschenden Weihnachtsmarkt und in ein nettes, kleines Restaurant. Unterwegs sind wir an der Werkstatt eines Geigenbauers vorbei gekommen. Erfreulich geschmackvoll und im Dunkeln natürlich besonders stimmungsvoll war die Weihnachtsdeko der Stadt.



Und dann, zu meinem großen Entsetzen, lagen wir brav um 22.30 Uhr in unseren Betten und meine Mitreisenden (allesamt jünger als ich) sind EINGESCHLAFEN! Darüber komme ich immer noch nicht hinweg. Aber egal - so haben wir den Preis für eine Übernachtung mit fast 10 Stunden Schlaf ja bestmöglich genutzt. Das Frühstück am nächsten Morgen wäre für mich ein größerer Genuss gewesen, wenn ich nicht von meinem fürchterlichen, allergischen Hausstaubschnupfen geplagt gewesen wäre.

Der Markt Freitag Morgens ist riesig groß (mehr als 375 Stände sagt Google) und abwechslungsreich. Dort habe ich auch erfreulicherweise noch ein Geburtstagsgeschenk für eine Freundin erstanden. Das Abschluss-Shopping war für alle noch mal ergiebig, doch die Krönung des gesamten Maastricht Aufenthaltes bestand aus meiner Sicht im Genuß eines Stückes "Ristretto-Cheesecake" und einem Glas Chaipuccino.


Besonders daran war nicht nur der kurze Genuß des Gaumens (und die langanhaltende Wirkung auf den Hüften), sondern dass sich dieser Geschmacksorgasmus im Cafe einer Buchhandlung ereignet hat, die genialerweise in einer Kirche untergebracht ist. Somit vereinten sich himmlischerweise meine Leidenschaft für Gott, Bücher und Kohlenhydrate in einer irdischen Allianz. Das ist Gnade.

What a life! Was geht es mir gut. Ich kann`s echt nicht kapieren. Ich kann nur staunen, dankbar sein und mich daran freuen. Es gibt ein Zitat dazu, es fällt mir nur gerade nicht ein. Ich hoffe, ich finde es wieder und werde es dann noch nachtragen.


Vorher hatte ich in einem Post über diesen Trip als dekadent und sinnfrei (bitte nicht verwechseln mit sinnlos) geschrieben.
Dekadent - ja. Denn es ist ein Privileg, ein Luxus, nicht selbstverständlich.
Sinnfrei - nein. Denn es macht Sinn, Zeit mit Menschen zu verbringen, mit Freundinnen und Schwestern. Es macht Sinn,  sich daran zu erfreuen, dass man sich gemeinsam an etwas erfreuen kann. Es macht Sinn, in Beziehungen und Freundschaften zu investieren. Denn: für uns alle stand die gemeinsame Zeit im Vordergrund. Ungestörter Austausch über momentane Gedanken, Gefühle und Lebenssituationen.



Wir fahren auf dem bunten Karussell des Lebens. Eine Runde nach der anderen. Manchmal macht es Spaß, manchmal nicht. Für die eine dreht es sich zu schnell, für die andere zu langsam. Manchmal möchte man anhalten und aussteigen. Ein anderes Mal sitzt man auf dem unbequemen Fahrrad und beißt die Zähne zusammen und hält die Runde durch, auch wenn´s weh tut. Man kann aber auch mitfahren, jammern und quatschen obwohl man weiß, wie froh man eigentlich über die Fahrkarte sein sollte. Und das man ja auch mal das Gefährt wechseln könnte. Um eine andere Perspektive zu bekommen. Denn es macht wahrscheinlich einen Unterschied, ob man im Panzer oder im Cadillac unterwegs ist. Dann gibt es die, die momentan scheinbar mühlos auf dem hübschen Pferdchen hin und her geschaukelt wird. Und die ihre Runde genießen kann und darf. Vielleicht weil sie Glück hat. Unverdientes Glück. Geschenktes Glück. Vielleicht weil sie lange Zeit für den Platz auf dem Pferdchen kämpfen musste. Nicht aufgegeben hat. Und sich hat helfen lassen, weil sie alleine nicht hinaufgekommen wäre. Weil sie sich bewußt für das Pferdchen entschieden hat. Vielleicht liegt es auch an den Tabletten gegen Reiseübelkeit, die es erst ermöglichen, dass die Fahrt auf dem Karussell Spaß macht. Wenn dem so ist - was soll´s?!



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen