Mittwoch, 9. April 2014

Vorbilder

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Sind diese beiden alten Damen nicht herrlich? Allein ihr Anblick hat mich dazu bewegt diesen wunderbaren Film anzuschauen. Und es hat sich gelohnt. So humorvoll bin ich selten zu Tränen gerührt worden. Die meisten Filmszenen sind in der kleinen Küche von Oma Regina gedreht worden. Nicht nur, das einem das Wasser im Mund zusammen läuft, nein, man meint die köchelnde Hühnersuppe riechen zu können! Oma und Bella sind Überlebende des Holocaust und Freundinnen für immer. Sie lassen die Zuschauer des Dokumentarfilmes an ihren Erinnerungen teilhaben. Die Filmemacherin Alexa Karolinski hat ihrer Oma mit diesem bewegenden Film ein Denkmal gesetzt. Und das hat sie auch verdient! Prädikat: Besonders wertvoll!

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Eine andere alte Dame hat mein Herz erobert: Alice Herz-Sommer. Sie verstarb am 23. Februar diesen Jahres in London im Alter von 110 Jahren als älteste (bekannte) Überlebende der Shoa, also des Holocaust. Durch die Hommage von Christina Brudereck in ihrem neuen Konzertprogramm "wo auch immer" habe ich das erste Mal von ihr gehört. Angeregt durch die Meldung ihres Todes habe ich eine Biographie über sie gelesen: Ein Garten Eden inmitten der Hölle von Melissa Müller und Reinhard Piechocki. Ihre unheimliche starke Lebenskraft und ihr begnadetes Talent als Pianist hat ihr im Konzentrationslager Theresienstadt das Leben gerettet. Wenn man wie sie am Ende sagen kann: "Ich hatte ein wunderbares Leben" dann frage ich mich: Wie wird man zu solch einer Frau? - Nur wenn man früh genug die Weichen richtig stellt. Denn heute entscheide ich darüber, wer ich morgen sein werde. Das gibt mir zu denken, das spornt mich an. Und für Chopin interessiere ich mich auch auf einmal.
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Das dritte historische Vorbild ist Jochen Klepper. Auch er ein Opfer der Nazionalsozialisten. Weil  seine Ehe mit der Jüdin Johanna Stein von der Zwangsscheidung bedroht und die Deportation von seiner Frau und deren Tochter Renate unmittelbar bevor stand, entschied die Familie sich für den gemeinsamen Freitod. Ein so gar nicht glücklicher Ausgang für ein Leben.
Trotzdem ist er mir ein Vorbild: denn in Verzweiflung und tiefster Hoffnungslosigkeit hat er sich und seine Familie der Gnade und Liebe Gottes anvertraut. Ein Suizid als Glaubensbeweiß? Bei Gott ist nichts unmöglich! Jochen Kleppers geistliches Vermächtnis hat sicherlich schon vielen Verzweifelten geholfen: genau wie die Psalmen in der Bibel überwiegend Klagepsalme sind, kann man durch das Zeugnis seines Glaubens, Leben und Sterben den Mut bekommen vor Gott, mit Gott und trotz Gott zweifeln zu dürfen. Das ist wirklich ein Licht in dunkler Nacht.

Schwere Kost. Aber Vollkornbrot hält auch länger satt als Weißbrot. Mit der Beschäftigung dieser herausragenden Menschen habe ich eine selbstauferlegte Hausaufgabe gemacht: Am 1. Februar hatte Birgit Schilling während des Frauentages dazu aufgefordert sich Vorbilder zu suchen. Von anderen zu lernen kann ein Trainig auf dem Weg zu einer reifen Persönlichkeit sein.
Ich hoffe niemals in eine annähernd vergleichbare Bedrängnis zu kommen wie diese Opfer des Nationalsozialismus und Antisemitismus. Aber sie lehren mich Demut und Dankbarkeit. Sie warnen mich vor Beliebigkeit und schärfen meine Wahrnehmung. Es entsteht Frucht aus ihrem Leben und sie hinterlassen ein Erbe.

Das möchte ich auch.

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