Freitag, 4. Januar 2013


Erleben, was Gnade heißt 1/3

Vollkommen, Perfekt, Fehlerlos. Ohne Schwächen.
So wollte ich gerne sein und war es doch nicht. Ich habe mich nie als den Sündern verstanden, wegen dem Jesus gekommen war.Jetzt darf ich endlich aufhören mich selbst zu belügen. Mich selbst zu betrügen. Ich leugne nicht länger, dass der Kampf gegen Gier, Habsucht und Stolz immer noch in mir tobt, obwohl ich schon so lange ein Kind Gottes bin. Endlich kann ich eingestehen, dass ich oft lieblos, ärgerlich, zornig und ablehnend bin. Besonders denen gegenüber, die mir am nächsten stehen. Ich kann zugeben, dass ich versagt habe und immer wieder versage.
Ich bin ein Bündel von Widersprüchen.
Ich glaube und zweifle. Ich hoffe und bin entmutigt. Ich liebe und hasse. Und schlimmer noch: ich bin oft gleichgültig. Ich bin vertrauensvoll und doch misstrauisch. Ich bin ehrlich und wende doch immer wieder meine Tricks und Spielchen an.
Ständig fühlte ich mich schuldig. Und ich fühlte mich schuldig dafür, wenn ich mich nicht schuldig fühlte.

In Zeiten der Buße konzentrierte ich mich darauf, meine Schwächen zu überwinden, meine Komplexe und Marotten loszuwerden. Zur geistlichen Reife als Christ zu gelangen. Als ob es darum ging, durch persönliche Disziplin und  Selbstverleugnung einen perfekten Menschen zu formen. Die Betonung lag immer auf dem, was ich tat, statt darauf, was Gott tut.
Wenn dann der anfängliche Eifer im Glauben erst einmal vorüber war, wurde wieder meine Schwäche und Untreue sichtbar. Ich habe meine Unfähigkeit gehasst, auch nur einen Deut zu meinem geistlichen Format hinzuzufügen. Ich wurde unzufrieden, schwermütig, streckenweise verzweifelt. Ich wurde überwältigt von der Gewöhnlichkeit des Lebens, von Alltagspflichten. Irgendetwas lief total falsch.
Ich habe mir selbst Stress gemacht, um mich selbst wieder in Ordnung zu bringen. Ich habe in Schuldgefühlen geschwelgt. Das alles war eine glatte Leugnung des Evangeliums der Gnade.

Einmal bekehrt, völlig bekehrt ist ein Mythos. Ich habe auch als bekehrter Mensch keine unwiderrufliche sündlose Zukunft. Die Nachfolge ist keine ungetrübte Erfolgsstory, keine ununterbrochene Aufwärtsspirale in Richtung Heiligkeit.
Wie ist es möglich, dass man Alkoholiker wird, nachdem man sich bekehrt hat?
Oder verletzt, lügt, betrügt, enttäuscht, lieblos, egoistisch, ...


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