Montag, 29. April 2013

Beim Kreuz



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In Vorbereitung auf den Abend "AnbetungPur" unter dem Thema BeimKreuz habe ich festgestellt, wie wenig ich über die historische Bedeutung und Praxis einer Kreuzigung weiß. Leider habe ich auch festgestellt, wie wenig ich davon berührt werde. Es ist so ähnlich, wie in einem Roman etwas über mittelalterliche Lebensverhältnisse und barbarische Foltermethoden zu lesen. Das gab es mal, es war schrecklich, aber es löst nichts in mir aus. Es betrifft mich nicht. Ich nehme es als gegeben hin. Ohne deshalb gefühlskalt zu sein. Nein, natürlich bin ich erschüttert. Natürlich tut es mir unendlich leid, dass Jesus das alles auch um meinetwillen durchlitten hat. Natürlich finde ich es ganz furchtbar. Und trotzdem: Für mich ist die Geschichte der Kreuzigung seit meiner Kindheit so normal, vertraut und bekannt. Es empört mich nicht wirklich, weil ich die tiefere Bedeutung nicht kenne, nicht verstehen und schon gar nicht nachempfinden kann.  Das Wissen ist dabei nicht das Problem: Mir ist klar, dass es äußert schmerzhaft, qualvoll und grausam gewesen sein muss. Aber schockiert mich das? Berührt mich das? Verändert mich das? Treibt mich das zu mehr Dankbarkeit und Anbetung? Ich kenne keine Unterdrückung. Ich lebe in einer Demokratie. Ich weiß nicht, was es bedeutet fremdbestimmt zu werden. Ich erinnere mich an Demütigung in der Schule durch Gleichaltrige. Und als erwachsener Mensch muss ich höchstens hin und wieder abfällige, unfaire oder beleidigende Bemerkungen anderer wegstecken.  Aber ich musste noch nie leiden. Sicher, ich war schon krank, unglücklich, depressiv und auch schon mal so verzweifelt, dass ich nur noch sterben wollte.  Aber das ist natürlich kein Vergleich zu Folter. Ich lebe in der Sicherheit eines verfassungsmäßig garantierten Menschenrechtes auf seelische und körperliche Unversehrtheit. (Auch in Deutschland finden Menschenrechtsverletzungen statt - nur bin ich bisher nicht betroffen.) Meine Würde ist unantastbar – Jesu Würde war es nicht. Heutzutage werden Menschen nicht mehr an Kreuze genagelt. Gott sei Dank. Menschen werden erschossen, gehängt, geköpft, bekommen eine Giftspritze oder kommen auf den elektrischen Stuhl.  Wenn überhaupt können sich nur diejenigen darunter etwas vorstellen, die selbst Verfolgung, Folter und Menschenunwürdige Behandlung durchlebt und durchlitten haben. (Bsp.: Iran, China und Nordkorea oder Gefangene in Guantanamo oder Menschen in Konzentrationslagern.) Ich will damit nicht sagen, dass man erst etwas durchleben muss, bevor man es verstehen kann. Nein, auf keinen Fall. Sondern ich sage lediglich, dass ich an mir eine Abgestumpftheit festgestellt habe. Es gibt Kreuze auf Gräbern, Todesanzeigen, in Kirchen, als Kunstwerke und Schmuckstücke.  Aber für die Zeitgenossen Jesu war ein Kreuz beleidigend und abstoßend. Wenn Jesus dann auch noch davon sprach, dass diejenigen, die ihm wirklich nachfolgen wollen, ihr Kreuz auf sich nehmen müssen, dann hatten die Menschen damals eben eine andere Assoziation vor Augen als ich heute.
Nun wandte sich Jesus an alle und sagte: »Wenn jemand mein Jünger sein will, muss er sich selbst verleugnen, sein Kreuz täglich auf sich nehmen und mir nachfolgen. 
Lukas 9,23
Das war keine Einladung - das war eher eine Ausladung! Keine besonders gelungene Idee für eine Werbekampagne. Hätte es nicht auch ein anderes Symbol sein können? Eine Taube - sie steht für Frieden. Ein Hirtenstab, als Zeichen für Schutz. Oder der Regenbogen - er steht für Hoffnung und Verheißung. Aber ein Kreuz? Das Symbol für eine der brutalsten Hinrichtungsmethoden, die es je gegeben hat? Wie wäre es für uns heute, wenn uns jemand einlädt, an eine Person zu glauben, die auf dem elektrischen Stuhl gestorben ist? Würden wir uns den Stuhl in unseren Kirchen aufstellen? Was würden wohl unsere Mitmenschen von so einem Glauben halten? Deshalb spricht Paulus in seinem Brief an die Korinther davon, dass die Botschaft vom Kreuz für Unsinn gehalten werden muss:
http://bc01.rp-online.de/polopoly_fs/file-ricky-bell-then-the-warat-1.2146077.1318885329!/httpImage/4214421132.jpg_gen/derivatives/rpoPanorama_786/4214421132.jpg
rp-online.de (Elektrischer Stuhl einer Todeskammer in Nashville)
Dass Jesus Christus am Kreuz für uns starb, muss freilich all denen, die verloren gehen, unsinnig erscheinen. Wir aber, die gerettet werden, erfahren gerade durch diese Botschaft vom Kreuz die ganze Macht Gottes. 
1.Korinther 1,18
Es käme uns auch wie eine Dummheit vor, wenn jemand zu uns sagen würde: Glaube an Jesus, er ist für dich auf dem elektrischen Stuhl gestorben. Dadurch hat er Gottes Strafe auf sich genommen und wir brauchen dieses Geschenk nur anzunehmen. .. Auch unsere Lieder würden sehr skurril anmuten… Aber selbst die Bemühungen, das Bild des Kreuzes in die Gegenwart zu transportieren, genügt mir nicht. Es ist zu weit weg für mich.  
Wie kann ich das Kreuz wirklich verstehen?
(Inspiration und Gedanken aus "not a fan" von Kyle Idleman)

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